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Vorgeschichte

Der älteste Eisenärzter Verein, die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft genannt, der im Jahre 1987 sein 125jähriges Bestehen feierte, kann stolz auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken.

1862 gegründet, ging die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft wahrscheinlich aus der Nachfolge der bayerischen Gebirgsschützen hervor, die seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts als Selbstschutz
der Bevölkerung im Chiemgau existierten. Blättert man in historischen Berichten, wird man Spuren der Vorläufer der ZSG Eisenärzt finden.

Der Beginn einer gesellschaftlichen Vereinigung

1862 wurde die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft Eisenärzt gegründet. Wer die Gründungsmitglieder waren, ist nicht mehr bekannt. Datierte Ehrenuhrkunden weisen aber auf zwei Schützen der ersten Stunde hin: auf Gregor Kröll und auf Josef Hütter. Im dunkeln liegen auch der Gründungstag sowie das Gründungslokal.

Dass es das Jahr 1862 war, geht auch aus der Notiz der Schützenleitung von 1912 hervor. Dort wird das 50jährige Jubiläumsschießen der Zimmerstutzen-Schützengessellschaft Eisenärzt mit den Ergebnissen aufgeführt. An diesem Schießen nahmen über 100 Schützen aus der näheren und weiteren Umgebung teil. Ein Zeichen dafür, daß das Schießen sehr beliebt war.

Unter den Jägern, bzw. den Forstbeamten gab es hinsichtlich der Schützenvereine geteilte Meinungen. Die einen verdächtigten die Schützen, ihr Übungsschießen sei ein Training fürs Wildern, andere wiederum sahen in den Vereinsschießen eine Kompensation der Wilderei.

Die Zimmerstutzen-Schützengesellschaft im gesellschaftlichen und sportlichen Bereich und in der Tradition ihren Platz ein, als Eisenärzt seinerzeit nicht mehr selbstständige Privat-Eisengewerkschaft, sondern ab 1855 Kgl. Eisenhüttenwerk innerhalb des Hüttenamtes Bergen war.

Aus dem Kassenbuch, geführt ab 1865, kann man entnehmen, mit welcher Begeisterung das Schießen betrieben wurde. Es war wohl zum gesellschaftlichen Band geworden.

Neben den Vortelschießen (Übungsschießen mit Preisen) gab es Kirchweihschießen, Gesellschaftsschießen, Strohschießen, Sylvesterschießen, Neujahrsschießen, Gansschießen, Hochzeitsschießen, Jubiläumsschießen, Fastnachtsschießen, Glücksschießen, Adlerschießen, Kletzenbrotschießen . . . sowie ein Totenschießen und ein Friedenschießen 1871.

Heutzutage kommen hinzu das Königsschießen und das Punkterundenschießen um Auf- und Abstieg in den jeweiligen Schützenklassen. Anfangs- und Endschießen stellen Start und Ziel des Schützenjahres dar.

Die Zimmerstutzenschützen erfuhren großen Zulauf bei einer Aufnahmegebühr von 1 Gulden (fl.).

Im letzten Viertel des Schießjahres 1865/66 gab es 5 Neuaufnahmen, ein Neujahrsschießen, ein Kletzenbrotschießen, 16 Vortelschießen, ein Schießen in Siegsdorf und eines in Maria Eck. Beim Wirt in Maria Eck wurde oft geschossen, denn das Gasthaus dort war durch die Säkularisation in Privatbesitz gekommen.

Während in der Mitte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts viele Schießen abgehalten wurden (monatlich eins), verringern sich die Veranstaltungen auf durchschnittlich 8 pro Jahr in der Folgezeit. In den Neunzigern traf man sich jährlich zu ca. 5 Schießen. Dieses Niveau reicht auch über die Jahrhundertwende hinüber.

Welche Preise gab es damals?

Die Preise für die besten Schützen, die beste genannt, bestanden aus Geld (Gulden später Mark), aus Naturalien wie Butter, Fleisch, Schinken, geräucherte Zungen, Eier, Hasen, Lämmer, Gänse, Enten, Kletzenbrot usw. und aus Zierfähnchen (Fahnentüchl). Im Schützenjahr 1876/77 gab es folgende Preise: 2 Gänse a` 5 M; 2 Enten a` 2,20 M; 2 Zungen a` 1,71 M; 2 Lampl a` 5,50 M; 2 Kletzenwecken a` 3,-; 8 Pfund Butter a` 2,-; 30 Ostereier a` 6 Pf, sowie Geldpreise von 10 M. Deswegen wurden 9 Schießen abgehalten.

Das Jubiläumsjahr 1912 (50 Jahre Zimmerstutzen-Schützengesellschaft Eisenärzt)

Es begann mit dem traditionellen Sylvesterschießen, an dem 18 Schützen teilnahmen. Im Februar fand das Hochzeitsschießen für Herzog Math statt. Die Einnahmen von 303,94 M waren enorm, die Ausgaben auch, nämlich 259 M.

An weiteren Schießen nahmen im Schnitt 12 Schützen teil. Rekordbeteiligung und Rekordeinnahmen gab es anläßlich des Jubiläumsschießen am 27./28. und 29. Juli 1912.

Anmerkung zum Jahre 1913: Im Jahre 1913 schenkten die Arzter Schützen zum Jubiläumsschießen in Zell den dortigen Schützenbrüdern als Ehrengabe einen Freischwinger in Höhe von 22 M. Das nachbarliche Verhältnis war also gut.

Was geschah in den Jahren des 1. Weltkrieges und danach bei der ZSSG Eisenärzt ?

Im Januar 1914 das Sylvesterschießen mit 22 Schützen; im Februar 1914 ein Hochzeitsschießen mit 34 Teilnehmern sowie ein Kriegerschießen (!); im Mai 1914 fand ein Schießen beim Wirt statt.

Ein kurzzeitiger Aufschwung ist zu bemerken nach dem 1. Weltkrieg, aber die Weltwirtschaftskrise und die Geldentwertung machten auch vor den Schützen nicht halt. Und es folgten wieder magere Zeiten mit wenig Veranstaltungen. 1927 betrug z. B. der Kassenstand 2,40 M! Im Inflationsjahr gab es sogar kein Schießen. Die Einnahmen bestanden lediglich aus 7 Aufnahmegebühren a 1,- M und 16 Mitgliedsbeiträgen a 1,50 M, so daß der Kassenbestand 38,- M aufwies.

Ging es anfangs der 30er Jahre wieder aufwärts, folgte postwendend Mitte der 30er ein Niedergang. Nur eine kleine Gruppe von Idealisten hielt noch zusammen. Es passte den Arzter Schützen gar nicht, das sie jetzt statt eines Schützenmeisters einen Schützenführer ertragen mussten, der die Generalversammlung mit dem Hitlergruß einleitete.

In den 40er Jahren kam der Schießbetrieb nahezu zum erliegen und am 30.1.1943 beschloß man, die SG solle ruhen, weil die Mitglieder bei der Wehrmacht waren. Und 1945, nach dem Einmarsch der Amerikaner, wurde der Verein verboten.

Neubeginn in den 50er Jahren

Waren in den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts und in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts die Schützenmeister Linzinger, Pertl, Haßlberger, Daxenberger, Huber, Schweiger, Scheiblegger ... mit ihren tüchtigen Kassierern und Mitarbeitern die Träger des Vereins, so sind in den Nachkriegsjahren, in den Fünfzigern, engagierte Männer wie Stefan Fritzenwenger, Martin Eder sen., Leng Josef und Wastl Scheck zu den tragenden Säulen der Schützengesellschaft Eisenärzt geworden. In den Unterlagen tauchen auch Namen wie Klapfenberger Franz, Scheiblegger Rupert, Stadler Otto, Böck Josef, Scheck Sepp, Lehneis Hertha, Eder Otto, Lackner Leonhard ... als wackere Schützen bzw. Vereinsmitglieder auf.

Sie trugen ebenso maßgebend mit ihrem Einsatz zur neuen Blüte des Vereinslebens bei. Und so fing es wieder an: Am 18.12.1950 wurde das Verbot der Schützengesellschaft von den amerikanischen Behörden wieder aufgehoben. Und sogleich rief Schützenmeister Georg Scheiblegger seinen Vertreter, 2. Schützenmeister Hans Kurfer, seine Ausschußmitglieder Stefan Fritzenwenger, Martin Eder und Alois Huber zu einer Besprechung zusammen. Dabei wurde beschlossen, die Schützengesellschaft wieder ins Leben zu rufen. da es aber keine Zimmerstutzen mehr gab, entschied man, mit Luftgewehren zu schießen.

Das Jahr 1951 fing an und schon in den ersten Monaten wurde geschossen: Strohschießen, Anfangsschießen und Übungsschießen leiteten den Aufschwung, die Wiedergeburt der SG Eisenärzt ein. Wenn auch bei der einberufenen Mitgliederversammlung nur die Ausschußmitglieder erschienen waren, entschloß man sich trotzdem, das Anfangsschießen für die nächste Saison durchzuführen.

Die Schützenkameraden aus Ruhpolding, Siegsdorf, Haslach und Traunstein ermutigten durch ihre Teilnahme zudem. Nachdem im April 1955 eine bescheidene Schützenkette gestiftet und angefertigt worden war, fand im Mai darauf das erste Königsschießen statt. Erster Schützenkönig wurde Josef Bichler. Einem großen Wechsel waren die Schießlokale unterworfen. Im Saal des Gasthauses "Alpenrose" wurde angefangen, wechselten die Schützen in das Gasthaus "Zur Eisenbahn" (früher Eisenärzter Hof), dann wieder in die "Alpenrose", Ende der 70er Jahre ins alte Schulhaus, bis die jetzige Bleibe 1983 bezogen werden konnte. Früher wurden viele Schießen mit den Zimmerstutzen im Freien oder in aufgestellten Schießhütten abgehalten.

Die SG Eisenärzt kann stolz auf drei Ihrer Schützenmeister sein: Georg Scheiblegger († 1961) erhielt in den 30er und 40er Jahren den Verein halbwegs am Leben, Stefan Fritzenwenger († 1969) baute ihn in den 50ern wieder auf und Franz Wier brachte ihn schließlich zu seiner derzeitigen Blüte.

Seit 1964 nehmen die Arzter Schützen an den Rundenwettkämpfen teil; erst mit einer, dann mit zwei Mannschaften. Seit 1985 sind sie auch mit einer Damenmannschaft vertreten.

Der frühere, langjährige Sportwart Bernhard Wolf konnte über Arbeit, über Erfolg und Mißerfolg des öfteren klagen.

Schützenmeister Wier machte sich auch um die Nachwuchsarbeit verdient. Seine Schützenbuben holten sich als junge Männer viermal die Gauschützenkönigswürde und einmal den Titel eines Bezirkschützenkönigs. 1987 holte sich sogar eine junge Frau aus der SG Eisenärzt die Würde der Gauschützenkönigin. Möge der SG Eisenärzt der gute, faire Schützengeist sowie ihre gesellschaftliche Stellung erhalten bleiben!


Quelle: Festschrift 125 Jahre Eisenärzter Schützen 1862-1987 (von Johann Looshorn sen.)